Baggern, bis die Luft rein ist

Der Kli­ma­schutz­be­richt für das Jahr 2018 zeichnet ein düsteres Bild der Treib­haus­gas­emis­si­on im Sektor Industrie: Mit ca. 20 Prozent der deutschen Gesamt­emis­si­on ist der Sektor immer noch der zweit­größ­te Umwelt­ver­schmut­zer nach der Ener­gie­wirt­schaft. Mit rund 196 Millionen Tonnen Treib­haus­ga­sen sinken die Emis­si­ons­wer­te im Vergleich zum Vorjahr nur gering­fü­gig. Hat die Industrie ein Nachhaltigkeitsproblem?

Ganz so einfach ist dann doch nicht. Der Kli­ma­schutz­be­richt lobt aus­drück­lich die ambi­tio­nier­te Umsetzung der EU-Ener­gie­ef­fi­zi­enz­richt­li­nie. Deren Aus­wir­kung lässt sich in den bis­he­ri­gen Zahlen noch nicht ablesen, ist aber tat­säch­lich schon vorhanden. Fest steht trotzdem: Um das Klimaziel der UN-Kli­ma­kon­fe­renz 2015 zu erreichen, muss eine sehr strenge Kli­ma­po­li­tik ein­ge­hal­ten werden. Es wird von der UN ange­strebt, die Erd­er­wär­mung auf maximal zwei Grad Celsius im Vergleich zum vor­in­dus­tri­el­len Level zu begrenzen. Dafür müssten die welt­wei­ten Treib­haus­gas­emis­sio­nen bis spä­tes­tens 2060 auf null zurück­ge­fah­ren und gleich­zei­tig Koh­len­stoff­di­oxid aus der Atmo­sphä­re entfernt werden.

Es bewegt sich etwas.

Bei all den schlech­ten Neu­ig­kei­ten gibt es jedoch auch Positives zu berichten – es bewegt sich etwas. Lange hat sich die Industrie vor Inno­va­tio­nen gesträubt. Mitt­ler­wei­le werden nach­hal­ti­ge Alter­na­ti­ven zum gewohnten Die­sel­mo­tor jedoch immer gefragter, was sich auch auf den gängigen Branchen-Messen wie der bauma zeigt. Das Thema Nach­hal­tig­keit ist zentral für viele der Aus­stel­ler und vor allem das Thema Elek­tri­fi­zie­rung hat momentan Konjunktur.

Was ist hier mit Elek­tri­fi­zie­rung gemeint? Im Grunde geht es um den Antrieb mobiler Bau­ma­schi­nen, wie Bagger, Dumper und ähnliches. Unter­schei­den kann man dabei voll­elek­tro­ni­sche Antriebe, die voll­kom­men emis­si­ons­frei arbeiten und Hybrid­pro­duk­te, bei denen der elek­tro­ni­sche Antrieb weiterhin durch einen Die­sel­mo­tor unter­stützt wird, um Emis­sio­nen zu senken und gleich­zei­tig Effizienz zu erhöhen.

  • Liebherr - R9200 E
    Bis zu 140 Tonnen wuchtet die Schaufel des Liebherr R9200 E. Die gigan­ti­sche Maschine ist so groß, dass ein Akku für ihren Betrieb nicht ausreicht – 300 Meter Kabel liefern den benö­tig­ten Strom aus der Steckdose. 
  • Manitou - MT 1135
    DEUTZ hat das Unter­neh­men Manitou seinen ersten voll­elek­tri­schen Tele­s­kop­la­der ent­wi­ckelt. Die Maschine kann 3,5 Tonnen Last tragen und diese bis zu 11 Meter hochwuchten.
  • Keestrack - S5e Solar
    Der Prototyp des wohl ersten Hal­den­bands seiner Art erhält seinen Strom nicht per Akku oder Kabel, sondern setzt auf Solar­ener­gie. Die Auf­be­rei­tungs­an­la­ge hat über seinem 23 Meter langem För­der­band Pho­to­vol­ta­ik-Module instal­liert, die für den nötigen Strom sorgen. 
  • Suncar - TB 1140E
    Im Fokus­pro­jekt SUNCAR der Hoch­schu­le ETH Zürich dürfen Maschi­nen­bau-Stu­die­ren­de eigen­stän­dig Produkte entwerfen und ent­wi­ckeln. So auch den Suncar TB1140E, einen 16 Tonnen schweren E‑Bagger.
  • Liebherr - LB 16 unplugged
    Der Liebherr LB 16 unplugged wurde von der Firma SUNCAR HK AG mit­ent­wi­ckelt. Das erste akku­be­trie­be­ne Groß­dreh­bohr­ge­rät der Welt wiegt 55 Tonnen und erreicht eine maximale Bohrtiefe von 34,5 Metern. 
  • Mecalac - E12
    Der eher kompakte Mobil­bag­ger E12 trägt in seinem Heck eine große Last – das einen Kubik­me­ter große und 1,6 Tonnen schwere Bat­te­rie­pa­ket. Der Lithium-Eisen­phos­phat-Akku ist durch seine Inhalts­stof­fe besonders reak­ti­ons­arm, nicht ent­zünd­lich und bietet somit eine hohe Sicherheit. 
  • Wacker Neuson - AS60e
    Der Akku­stamp­fer AS60e schont nicht nur die Umwelt, sondern auch die Gesund­heit seines Anwenders. Das Gerät arbeitet nicht nur emis­si­ons­frei, sondern auch mit einer sehr geringen Hand-Arm-Vibration. 
  • Kramer - 5055e
    Der Kramer 5055e ist ein voll­elek­tri­scher Radlader mit All­rad­an­trieb. Er ist trotz seiner kompakten Bauart besonders stark – mit einer Sta­pel­nutz­last von 1.750 Kilogramm kann das Gerät pro­blem­los Stein­plat­ten transportieren. 
  • Probst - VM-301-Greenline
    Die schwä­bi­sche Firma Probst stellte auf der Bauma die voll­elek­tri­sche Ver­le­ge­ma­schi­ne VM-301-Greenline vor. Das Gerät kann ohne Zwi­schen­la­dung bis zu 9 Stunden Pflaster und Platten verlegen – mit einer kurzen Zwi­schen­la­dung sogar bis zu 12 Stunden. 
  •  eMining AG - eDumper
    Ein weiterer Gigant ist der eDumper der Schweizer Firma eMining AG, der größte Elektro-Mul­den­kip­per der Welt. Den Strom liefert der größte Bat­te­rie­block, der jemals bei einem Land­fahr­zeug verbaut wurde. Der Tesla unter den Mul­den­kip­pern wiegt bei voller Gesteins­la­dung ganze 123 Tonnen. 

Der Bagger hängt an einem
300 Meter langen Kabel

Besonders im Minen-Bau werden elek­trisch betrie­be­ne und voll auto­ma­ti­sier­te Maschinen bereits erfolg­reich ein­ge­setzt. Ein Beispiel dafür ist der Mining-Bagger R 9200 E, der für schwere Arbeit in Stein­brü­chen und Minen ein­ge­setzt wird. Der Bagger läuft voll elek­tro­nisch, hängt aber an einem 300 Meter langen Kabel. Die für diese Leistung nötigen Batterien wären viel zu groß, um in das Gerät verbaut zu werden. Maschinen im Minen-Bereich legen immer dieselbe, fest­ge­leg­te Strecke zurück. Auf komplexen Bau­stel­len wäre der Einsatz auto­ma­ti­sier­ter Maschinen zurzeit noch nicht denkbar. Die Technik ist noch nicht so weit, hier einen gefahr­lo­sen Betrieb garan­tie­ren zu können.

Bei allen Vorteilen gibt es auch Kritik

Auch im Kom­pakt­be­reich kommen mitt­ler­wei­le immer mehr E‑Baumaschinen zum Einsatz. Der Kom­pakt­bag­ger E12 von Mecalac zum Beispiel trägt in seinem Heck einen 1.650 Kilogramm schweren Akku. Acht Stunden lang soll die Maschine unun­ter­bro­chen arbeiten können. Vor dem nächsten Einsatz benötigt der Akku eine Ladezeit von sechs bis sieben Stunden. Der Akku des Mini­bag­gers E10e von Bobcat schafft ebenfalls einen Betrieb über den ganzen Arbeits­tag und kann in weniger als zwei Stunden auf 80% auf­ge­la­den werden. Durch seine Geräusch­ar­mut ist er besonders gut für Arbeiten im Innen­be­reich oder bei Nacht geeignet.

Bei allen Vorteilen gibt es doch auch einiges an Kritik an den E‑Baumaschinen. Die Mobilität der Geräte ist beim Einsatz von Kabeln stark ein­ge­schränkt, was auf einer Baustelle schnell zum Problem werden kann. Bei besonders schweren Arbeiten oder großen Maschinen liefern Batterien und Akkus nicht genügend Energie – am Ende muss meistens doch der Die­sel­mo­tor hin­zu­ge­schal­tet werden. Und wie positiv die Pro­duk­ti­on der gigan­ti­schen Batterien für die Umwelt ist, lässt sich ebenfalls diskutieren.

“Eine flächendeckende Verbreitung
ist noch Zukunftsmusik.”

Trotz der Probleme, die sich beim genaueren Hinsehen auftun, kann die momentane Ent­wick­lung doch als positiv betrach­tet werden. Sicher ist nämlich, dass sich zukünftig etwas ändern muss. In vielen Ländern gibt es bereits Gesetze, die zum Einsatz von elek­tro­nisch ange­trie­be­nen Bau­ma­schi­nen ver­pflich­ten. Auch in Deutsch­land ist abzusehen, dass es nicht bei einem Die­sel­fahr­ver­bot aus­schließ­lich für PKW bleiben wird.

Dass jedoch in abseh­ba­rer Zeit alle Bau­ma­schi­nen nur noch elek­trisch ange­trie­ben werden, ist unwahr­schein­lich. „Eine flä­chen­de­cken­de Ver­brei­tung der E‑Baumaschinen ist noch Zukunfts­mu­sik“, erklärt Thorsten Muschler, Geschäfts­füh­rer von Maschinensucher.de. „Um den alter­na­ti­ven Antrieb auch für größere Maschinen mas­sen­taug­lich zu machen, ist noch viel Ent­wick­lungs­ar­beit nötig.“ Dennoch sind die inno­va­ti­ven Maschinen ein erster wichtiger Schritt der Bau­bran­che in Richtung Nachhaltigkeit.

Weitere Infor­ma­tio­nen zur E‑Baustelle: Grüner Schaufeln

Info­gra­fik — Wieviel CO2 spart ein E‑Bagger ein?